Eve fliegt mit ihrer Mutter nach Istanbul, um ihren Vater ausfindig zu
machen. Fünfzehn Jahre lang hat ihre Mutter alle Fragen nach ihm
abgeblockt. Als er dann tatsächlich vor Eve steht, hat sie das Gefühl,
endlich den fehlenden Teil ihrer Identität gefunden zu haben. Und dann
ist da auch noch ihr Dolmetscher Sinan, in den sie sich Hals über Kopf
verliebt …
Aprikosensommer | Deniz Selek | YA, Contemporary | Fischer KJB | ISBN: 978-3-7335-0066-5 | Flexibler Einband, 288 Seiten
Erster Satz: "Nicht dein Ernst, oder?"
Meine Meinung: Mein erster Gedanke, als ich das Buch gesehen und den Klappentext gelesen habe: süß. Nach und während dem Lesen bestätigte sich dieser erste Eindruck immer mehr, am Ende hatte ich sogar Tränen vor Rührung in den Augen. Aber ich will nicht vorgreifen.
Die Handlung ist keine weltbewegend neue Idee, allerdings zeigt sich hier wiedermal, dass man nicht das Rad neu erfinden muss, um etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Die Autorin macht alles richtig, was man in einer Jugend-Contemporary-Geschichte nur richtig machen kann.
Trotz den wenigen Seiten Umfang schafft sie es, die Handlung langsam an Fahrt gewinnen zu lassen und den Leser bei Stange zu halten.
Dazu tragen die zuckersüßen Charaktere bei, deren Beziehungen zueinander so lebensnah und echt wirken, dass es schon erschreckend ist. Gerade die Protagonistin fand ich total niedlich. Wie sie mit ihrer besten Freundin und ihrer Mutter umgeht und wie sie mit ihrer Situation klar kommt, das ist total inspirierend. Anstatt in Selbstmitleid zu versinken oder sich von Vorurteilen leiten zu lassen, springt sie in das Abenteuer und nimmt das Ruder selber in die Hand.
Ach ja, Istanbul. Ab einer bestimmten Zeit ist die Protagonistin mit ihrer Mutter in Istanbul, auf der Suche nach ihrem Vater. Das Einzige, was ich daran auszusetzen habe, ist, dass es ruhig mehr Istanbul hätte geben können. Ich liebe die Stadt und das was die Autorin zeigt und wie sie es zeigt, ist so toll, dass ich MEHR, MEHR geschrieen habe (im metaphorischen Sinn, damit meine Mitbewohner sich nicht beschweren). Hier habe ich mich erneut gefragt, wie schafft Deniz Selek es nur, auf so wenigen Seiten, den Zauber von Istanbul zu fangen und dem Leser zu übermitteln?
In diesem Buch prallen zwei Kulturen aufeinander, die deutsche und die türkische. Meine Befürchtung bei solchen Büchern ist die klischeehafte Beschreibung oder Charakterisierung einer Kultur. Völlig unbegründet, wie es sich herausgestellt hat. Sehr feinfühlig und mit größter Vorsicht werden Gesellschaften skizziert, die man sich vorstellen kann, die aber nicht festgesetzt werden.
Bei Büchern, die eine ähnliche Thematik haben, sprich: Kultur A knallt auf Kultur B, kommt es oft vor, dass die Handlung durch Einschübe in einer fremden Sprache sehr zäh wird. Auch hier waren meine Befürchtungen umsonst. Einige wenige türkische Wörter kommen vor, die kann man sich aber aus dem Zusammenhang zusammenreimen oder einfach im "Glossar" nachschlagen (hört sich umfangreicher an, als es tatsächlich ist, es sind nur ein paar Wörter).
Bewertung: Zugegeben, ich hatte nicht erwartet, dass mich das Buch so aus den Socken hauen würde. Ein zuckersüßer Lesespaß, den man sich nicht engehen lassen sollte. Übrigens habe ich das Buch in etwas weniger als zwei Stunden ausgelesen, dabei gelacht und Tränen in den Augen gehabt. Wie verpackt man nur so viel Gefühl, in so ein schmales Buch? Deffinitiv ein Jahreshighlight, damit ♥♥♥♥♥ Herzchen.
Autorin: Deniz Selek wurde in Hannover geboren und wuchs in Istanbul auf. Zurück
in Deutschland studierte sie Germanistik und Innenarchitektur. Sie weiß
als Deutsch-Türkin, wie es sich anfühlt, in zwei Kulturen zu Hause zu
sein. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Berlin, aber ihr
Herz gehört Istanbul, der Stadt voller Zauber und Magie.
© Evelin Schwab
Vielen Dank an den Verlag, für die großzügige Bereitstellung des tollen Rezensionsexemplares!